Mein Fazit

Okay, was kann ich also abschließend über Neuseeland sagen? Gott, ich überarbeite diesen Text gerade zum dutzendsten Mal… Aber hey, es war kaum beschreibbar großartig! Ich habe so viel Unglaubliches erlebt, tolle Menschen getroffen und einfach nur wundervolle Freunde gewonnen.
Vor allem aber wäre ich nicht dieselbe Person, die ich heute bin, wäre ich nicht für anderthalb Jahre in Neuseeland gewesen. Und in meinen Augen war die Änderung nur zum Besseren.
Ich habe vor einiger Zeit mal einen Satz im Internet gelesen, der mir hängen geblieben ist (Quelle unbekannt):

Exchange isn’t a year in your life; it’s a life in a year.

Und das ist auch, was es so hart zu beschreiben macht. Ich hatte eine zweite Familie, eine vollkommen andere Gruppe an Freunden, sprach eine andere Sprache und mein Alltag hatte nichts mit dem von Zuhause gemein. Und du kannst nicht zwei Leben Punkt für Punkt miteinander vergleichen. So einfach funktioniert es nicht.

Wenn auch es Höhen und Tiefen gab (letztere fast nur zu Beginn), war die Gesamtbilanz eindeutig positiv. Kurz nach meiner Ankunft in Neuseeland konnte ich bereits fühlen, wie mein Gehirn aufzuwachen schien. Während meines letzten Schuljahres in Deutschland wäre ich in Englisch beinahe durchgefallen und innerhalb weniger Wochen war ich bereits auf einem 2,5er-Level. Letztlich schaffte ich es sogar, 1,0-Arbeiten vorzulegen. Auf dem Level der Muttersprachler!
Dieser Teil lässt sich stark auf meine persönlichen Erfahrungen in Deutschland zurückführen, als ich gedanklich in der Schule immer mehr einzuschlafen begann. Aber das hat den Effekt nur verstärkt; in ein anderes Land zu gehen bedeutet, den Kopf ununterbrochen zu fordern. In wenigen Tagen gibt es so viele neue Eindrücke, dass die grauen Zellen anfangen dauerhaft auf Hochtouren zu laufen und du wirst merken, dass du Dinge immer schneller gedanklich verarbeiten kannst und dieses Gefühl macht die Zeit nach den ersten Wochen unglaublich und einzigartig. Es ist fast unmöglich dieses Gefühl zu beschreiben, ohne es zu kennen aber es wirkt berauschend. Man lernt innerhalb kürzester Zeit unglaublich viel und es scheint gar kein Ende zu nehmen, denn dieser Zustand hält sich – sobald eingestellt – eigentlich für die ganze Zeit.

Aus akademischer Sicht hätte es keine bessere Entscheidung als für den Austausch geben können. Das deutsche Schulsystem hätte mich innerhalb weniger Monate des zwölften Schuljahres endgültig gebrochen, da ich einfach bis oben die Nase voll hatte. Im elften Jahr hatte ich bereits begonnen, aufzubegehren und mich eher gegen meine Lehrer zu wehren als von ihnen zu lernen; auf eine Zahl reduziert zu werden, die aller Wahrscheinlichkeit nicht einmal deine Leistungen, Potenzial oder Intelligenz annähernd korrekt widerspiegeln, hat mich rasend gemacht.
In Neuseeland ist das Hauptdokument beim Schulabschluss das Testimonial; eine Beschreibung der Team- und Führungsfähigkeiten des Schülers, sowie seiner sozialer Kompetenzen. Der zweite Teil sind deine Noten, womit also das Augenmerk nicht auf den Zahlen liegt, sondern auf dir als die Person, die du bist. Und selbst in den Nummern schien es mir, dass die Noten dort den tatsächlichen Leistungen näher kamen.

Für mich ist Neuseeland jetzt ein Land, das ich niemals werde vergessen können. Ich liebe einfach jeden Aspekt davon, die Kultur, die Menschen, das Wetter, die unbegrenzten Möglichkeiten, die Landschaft, die Fauna, die Flora… und ich kann mich mit diesem Land eher identifizieren als mit meinem eigenen.

Ich habe ein anderes Leben gelebt und deswegen fiel es mir auch so schwer, nach Deutschland zurückzukehren; ich habe ein Leben gelebt, das mir wesentlich näher an meinem tatsächlichen Selbst schien, als ich in Deutschland war. Ich habe mich wie mich selbst gefühlt, war in der Lage zu „sein“ und nicht nur zu „passen“. Und das ist eine unglaubliche Erfahrung.

Und ich kann, ohne eine Sekunde zu zweifeln, sagen: Ja, Neuseeland war die richtige Entscheidung. Es war fordernd, lohnend, inspirierend und lebensändernd. Kannst du bei dir eine Tür sehen, durch die du in ein anderes Land kommst? Dann nimm sie! Nimm sie einfach! Ich habe mich so an ein anderes Leben gewöhnt, dass ich diese Worte doch tatsächlich auf Englisch schreibe und anschließend übersetze, weil es sich für mich freier und natürlicher anfühlt.
Hätte ich meine Freunde und Familie mit nach Neuseeland nehmen können, wäre ich gar nicht erst wieder zurückgekommen.

Kiwi out