Erster Schultag

Erst mal vorneweg: leider gibt es von meiner Schule heute noch keine Fotos, das werde ich allerdings bei Gelegenheit nachholen.

Tja, wie gesagt, erster Schultag. Etwas Anspannung war schon dabei, das lässt sich nicht leugnen. Heute morgen gegen 8:30 Uhr habe ich mich mit Lukas – dem Brasilianer, der hier zurzeit auch wohnt – auf den Weg zur Schule gemacht. Circa 15 Minuten Fußweg, also nicht allzu weit weg. Dort angekommen saß Felix – zur Erinnerung: einer der Mitaustauschler über ABACUS – bereits im Empfangsbereich und wartete auf uns. Nach kurzem Gespräch mit der Administration und einer kleineren Wartezeit wurden wir auch direkt weiter gewunken: zur Anprobe der Schuluniform.
An dieser Stelle muss ich bei Fotoanfragen direkt einhaken – ich weiß nicht, ob ich meine Gänsehaut in Shorts bei diesem Wetter online stellen sollte. Denn das Problem ist: mehr als Shorts stehen faktisch nicht zur Auswahl. Auch oben herum dürfte es etwas kühl ausfallen; eine Jacke darf nicht über der Schuluniform getragen werden.
Aber erst mal anders: woraus besteht die eigentlich? Schwarze Schuhe – selbst auszusuchen – ein paar Strümpfe, fast bis zum Knie, Shorts, ein Polo und darüber noch den Pullover in den Schulfarben. Für die Mädels dasselbe, nur anstelle der Shorts einen Rock. Ihr wisst gar nicht, wie froh ich bin, das Zeug nur einen Winter tragen zu müssen. Mich wundert es, dass die Leute hier nicht mit Dauerfieber herumrennen.

Um auf den Tag an sich zurückzukommen, der war eigentlich super. Endlich hatte ich mal wieder jemanden, mit dem ich flüssig reden konnte. Vom Anprobieren und Aussuchen der Schuluniform ging es auch direkt weiter zur Erstellung unseres Stundenplans. Felix und ich haben hierbei quasi denselben zusammengestellt: Mathematik, Englisch, Geschichte, Physik, Outdoor Education (Sport draußen) und Physical Education (Sport, nur inklusive Theorie). Bei der Auswahl des Niveaus des jeweiligen Faches haben wir uns immer erst ein mal in der Mitte eingeordnet; Änderungen lassen sich später immer noch einbringen.
Mit dem erstellten Stundenplan ging es auch direkt weiter zum Kurs für ausländische Studenten bei Mr. Baxter. Ein Unterrichtsfach, das letzten Endes allein dem Einweisen von neuen Schülern dient. Kleine Führung über das Schulgelände, Zeigen der Klassenräume und Einweisung für das Verhalten in Notfällen jeglicher Art. Kaum hatte die Stunde angefangen, war sie quasi auch schon zu Ende und es ging weiter zu Physik.

Dort haben wir uns direkt dem Lehrer vorgestellt und erste Anweisungen bekommen, wie das Schuljahr in diesem Fach so abläuft. Klare Worte: die Prüfung in drei Wochen werden wir nicht mitschreiben, daher werden die nächsten Stunden für uns unbedeutend. Wie wir beide auch recht schnell bemerkt haben, ist das erst mal besser so. Über Bahnhof und böhmische Dörfer ging unser Verständnis des Unterrichtsgeschehens kaum hinaus. Was nicht zuletzt auch daran lag, dass einige Kürzel für physikalische Größen in Neuseeland anders sind, als bei uns in Deutschland. Daher lässt sich für mich wohl eins festhalten:
GidF oder Google ist dein Freund. Ich werde mir die Zeit ein wenig mit dem nachträglichen Verstehen des Schulstoffs vertreiben. Letztlich ging aber auch diese Stunde recht schnell vorbei, also weiter zum nächsten Fach.

Mathe. Eigentlich keine Schwierigkeit, also erst mal mit grundlegendem Optimismus zum nächsten Klassenraum. Selbes Prozedere wieder, Vorstellen bei der Lehrerin, Gespräche über bisherigen Stoff und diesmal ein gänzlich anderes Bild: mich wollte die nette Dame direkt in den nächsthöheren Kurs stecken, da ich mit vorläufigem Berufswunsch Ingenieur in diesem Kurs wohl definitiv falsch wäre. Felix könne hier bleiben; er warf direkt ein, dass er Mathe später nicht brauchen würde.
So haben wir uns beide vorerst nur zum Ansehen mit hineingesetzt. Aber bereits nach wenigen Minuten war klar: wir waren hier beide falsch. Aber grundlegend. Den Stoff den sie hier innerhalb von einer Zeitstunde darzulegen versuchte, war für uns schon seit der 8. Klasse passé und Schnee von gestern. Genauer gesagt hatten wir nicht exakt besagtes Thema, aber den dazugehören Komplex. Wem es etwas sagt: wir sollten die Ableitungen einer Funktion wieder umkehren… und das bitte innerhalb einer Zeitstunde mit dem Kommentar, dass sie uns das noch genauer erklären würde.
Das Ende der Geschichte: Felix und ich hatten eine Freistunde und wir wurden prompt beide in den höheren Kurs verschoben. Eine Sache von etwa fünf Minuten, ohne dass wir dazu auch nur etwas hätten tun müssen.

Nach der vertrödelten Mathestunde hatten wir eine große Pause (die hier 50 Minuten umfasst, ist gleichzeitig fürs Mittagessen gedacht), in der wir uns – in Jacken gehüllt und eingemummelt – in Richtung einiger Bänke verzogen haben, die wir für unser „Lunch“ auswählten. Permanent in der Frage im Hinterkopf, wie wir die nächsten Monate in Shorts und Polo überleben sollten, verspeisten wir also unser Mitgebrachtes, nur um festzustellen, dass wir nicht genug mitgenommen hatten. Also ein kleiner Umweg zur Cafeteria.
Dazu ist zu sagen: egal wo wir über den Schulhof spazierten, uns folgten Blicke es wurde getuschelt und auch der ein oder andere Kommentar ging direkt an uns. So wurden wir interessanterweise von uns völlig unbekannten Personen begrüßt, die sich auch prompt vorstellten und mit uns ein paar Worte wechselten. Mich würde es interessieren, was uns derartig aus der Menge abhob – das wir aufgefallen sein müssen, ist mir klar, aber ich wüsste schon gerne, warum.
Entschuldigt, ich schweife ab. Mit neuem Gebäck ausgestattet, wieder zurück zu unserer Bank nur um direkt von einigen Mädels belagert zu werden, die es sich scheinbar partout nicht nehmen lassen wollten, uns vom Essen abzuhalten. Aber sonderlich schade drum ist es ja auch nicht, so hatten wir ein nettes Geplaudere über Gott und die Welt und ein paar interessante Minuten.
Vom Pausenklingeln aufgeschreckt, mussten wir leider Richtung Outdoor Education aufbrechen. Natürlich nicht ohne noch einen Kommentar (wörtlich) Oh, there’s the sweet guy again zu ernten. Für die nicht Englisch sprechenden unter uns: „Oh, da ist der süße Typ wieder“. Was das Mädchen zu diesen komischen Ansichten über mich gebracht hat, weiß ich nicht – nur dass ich in Deutschland bisher nicht derartige Komplimente einfahren konnte.

Am Sportraum sahen wir uns erst mal mit einem kleinen Problem konfrontiert: einer fehlenden Klasse einschließlich fehlenden Lehrers. Logische Schlussfolgerung, weiter zur Sporthalle. Dort hatten wir leider nicht mehr Erfolg und wurden darauf verwiesen, zu einem blauen Van auf dem Parkplatz zu gehen, da unsere Klasse wohl klettern wollte. Wunderbarerweise erfolglos, also zur Administration und nachfragen. Dort der nächste Fehlschlag: Gruppe verpasst, bitte zurück zur Sporthalle und dort mit einer Gruppe 13er am Indoor-Sportunterricht teilnehmen. Ein ziemlich chaotischer Haufen, das lässt sich wohl über diese Gruppe sagen. Eine komische Partie Brennball mit stark abgewandelten Regeln und ein paar Minuten freie Zeit mit den Sportgeräten in der Halle. Zog sich zwar etwas, war aber doch recht amüsant. Wobei so recht ins Schwitzen gekommen, bin ich nicht.

Bilanz für den ersten Schultag: grundsätzlich sind Neuseeländer weit offener für Fremde als Deutsche. Wir wurden mehrfach rundheraus angesprochen, in kleinere oder größere Gespräche verwickelt, zwischendurch sogar scherzhaft als der neue „Boyfriend“ (fester Freund) bezeichnet und freundlich empfangen. Sollten wir in Deutschland auch mal einführen…
Fachlich lässt sich nur schwer ein direkter Vergleich zu Deutschland ziehen und das maße ich mir am ersten Tag nicht an. Zumindest lässt sich festhalten, dass der Stoff in einer grundsätzlich anderen Reihenfolge als in Deutschland behandelt wird.
Alles in allem positiv fiel der erste Schultag aus und ich bin gespannt, was die nächste Zeit so alles bringen wird!

7 Gedanken zu „Erster Schultag

  1. Klingt ja richtig cool da unten :D Das wir Fotos wollen ist ja logisch, also musst du dich doch mal in Shorts im Winter Fotographieren :P
    Hoffe du hast weiterhin so viel Spaß :D
    Liebe Grüße Ani :)

  2. Hi Marco
    Ich finde du schreibst recht kurzweilig und es macht Spaß zu lesen. Mach weiter so. Schade finde ich, dass man dich nicht stehend in ganzer Pracht in deiner Schuluniform sieht.
    LG
    Michael

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