Tja, bisher scheine ich meine Postfrequenz halten zu können… auf dass es so bleibe!
19. Dezember 2012 / Tag 11 – Steampunk und Pinguine
Auch dieser Morgen begann recht entspannt, da wir uns in den letzten Tagen gut erholen konnten und nicht direkt wieder zum Hetzen zurückkehren wollten. So gab es ein ausgiebiges Frühstück und zwischen Packen und Abfahrt entschied sich mein Vater, noch einige Fotos der wirklich märchenhaften Unterkunft zu machen, in der wir seit nun zwei Tagen hausten:
Nach dem Aufbruch aus Akaroa führte uns eine zügige Fahrt in Richtung Oamaru entlang der südlichen Ostküste Neuseelands. Mit einem mal wieder ambitionierten Ziel hieß es Mittagessen am Straßenrand und selbst dort findet man hier wirkliche Perlen. Ein kleiner Parkplatz mit Bank in simpler Umgebung hätte ja gerecht, aber direkt am Rande eines der vielen Flüsse, die wir überqueren mussten, hatte man einen idyllischen kleinen Aussichtspunkts eingerichtet.
Mit diesem letzten Stopp ging es schnurstracks weiter zum Ziel Oamaru, einem weiteren kleinen Ort an der Ost der Ostküste Neuseelands. Dieser ist lokal recht bekannt für seine stark ausgeprägten Steampunk-Elemente. Ich halte diesen Begriff für schwer zu definieren, daher möchte ich einmal diesen Wikipedia-Artikel zitieren:
„Steampunk ist ein Phänomen, das als literarische Strömung in den 1980ern begann und sich zu einem Kunstgenre, einer kulturellen Bewegung, einem Stil und einer Subkultur ausgeweitet hat. Dabei werden einerseits moderne und futuristische technische Funktionen mit Mitteln und Materialien des viktorianischen Zeitalters verknüpft, wodurch ein deutlicher Retro-Look der Technik entsteht. Andererseits wird das viktorianische Zeitalter bezüglich der Mode und Kultur idealisiert wiedergegeben. […]
Häufige Elemente des Steampunk sind dampf- und zahnradgetriebene Mechanik, viktorianischer Kleidungsstil und ein viktorianisches Werte-Modell, eine gewisse Do-it-yourself-Mentalität und Abenteuerromantik. „
Beste Beispiel: ein mit Kohle betriebener Ironman. Klingt widersprüchlich und kann bisweilen auch seltsam aussehen, doch hat es auch wirklich seine schönen Seiten. Die Ausstellung im Steampunk HQ haben wir uns jedoch entgehen lassen, da es eigentlich weniger zu unserem Augenmerk auf unserer Reise gehört. Die ganze Stadt hatte jedoch eine große Bandbreite an seltenen und alten Handwerken zu bieten und sich ein schönes Stadtbild bewahrt. Eigentlich hatte uns auch etwas anderes in diese Stadt geführt, doch das sollte noch bis zum Abend warten.
So bezogen wir erstmal unsere Räume etwas außerhalb der Ortschaft in einer Kombination aus Campingplatz und kleinem Backpacker. Die damit verbundenen Ländereien zogen uns natürlich auch direkt wieder nach draußen:
Ein paar ruhige Stunden und gerade genug Zeit für das Abendessen blieben uns, bevor es wieder in die Stadt ging und diesmal um uns das anzusehen, wofür wir eigentlich hergekommen waren: die Pinguine.
In Oamaru gibt es in der Sommerzeit immer Zwergpinguine, die am Hafen die Straße überqueren. Warum? Weil sie auf der anderen Seite ebenjener ihre Jungtiere großziehen und der Mensch in der Route der Tiere seine Anlagen gebaut hatte. Seitdem hat sich dieses allabendliche Ereignis zu einer Touristenattraktion entwickelt und zieht regelmäßig kleinere Scharen an Menschen an.
So auch uns, wenn auch wir diese Entscheidung bereits nach kurzem bereuten. Sicher, wir haben uns darüber gefreut, die Tiere sehen zu können, aber so oft, wie die Pinguine mitten auf der Straße umkehren mussten, weil irgendein hochintelligenter Mensch meinte, ihre Route kreuzen zu müssen, war es der reinste Stress für die Tiere. Noch dazu verhielten sich die meisten Touristen grundlegend entgegen der Anweisung der Kontrolleure, die das Kreuzen der Pinguine beaufsichtigen. Dem zugrunde lag entweder ein Mangel an Englischkenntnissen oder ein Mangel an Hirnzellen, die wohl benötigt zu sein scheinen, um ein rücksichtsvolles Verhalten gegenüber der Tierwelt zu ermöglichen. In jedem Fall war das wohl bisher ein Tiefpunkt unserer Reise und so kehrten wir nach kurzer Zeit wieder um – leicht angeekelt von dem Spektakel, dass die Tiere derartigem Stress aussetzt – und schämten uns etwas, überhaupt durch unsere Anwesenheit Interesse an einem derartigen Ereignis bekundet zu haben. So ging es also wieder gen Unterkunft.
20. Dezember 2012 / Tag 12
Der nächste Morgen startete wieder auf einer besseren Note und so gab es ein Frühstück in strahlendem Sonnenschein mit anschließendem Aufbruch in Richtung Dunedin
Auch hierbei gab es unterwegs natürlich einige Stopps an der Küste. Der erste unserer Tour lag bei den Moeraki Boulders – den Moeraki Steinen. Bei diesen handelt es sich um relativ große und äußerst runde Steine, deren Entstehung zwar durch eine allgemein angegebene Theorie der Calciumdiffusion begründet wird, diese jedoch nicht unumstritten ist.
Aber zurück zu unserer Reise: es handelt sich hierbei also schlichtweg um ein nicht überall anzutreffendes Naturphänomen, das wir uns von nahem ansehen wollten.
Zum Mittagessen schafften wir es wieder einmal, einen Punkt auszusuchen, den wir dann doch nicht direkt nach unserer Mahlzeit verlassen wollten, und so folgte ein weiterer Spaziergang am Strand entlang. Hierbei begegnete uns nun ein Problem, dass wir so schon länger nicht mehr hatten: Seelöwen sehen im Schlaf aus wie Felsen. Dies wurde für meinem Vater zum Verhängnis, der zwar in der einen Richtung keine Behelligung für genannten Löwen darstellte, beim Rückweg aus einer Sackgasse jedoch ein Ärgernis darzustellen schien. So fand er sich plötzlich mitten auf einem der (echten) Felsen wieder und wartete darauf, dass sich das aufgebrachte Tier wieder beruhigte. Vor allem für meine Mutter und mich zum Lachen, die wir auf der sicheren Seite der Situation standen und nichts anderes tun konnten, als mit anzusehen, wie die zwei sich ein Starrduell lieferten.
Um das ganze noch interessanter zu gestalten, stieg der Wasserpegel auch fortwährend. Nun gut, nicht in bedrohlichem Maße, aber es war klar, dass man bald nicht mehr trockenen Fußes zum Hauptstrandabschnitt zurückkäme. Zum Glück entschärfte sich die Lage, als der Seelöwe entschied, sich zu trollen und so konnten wir doch gemeinsam die Fahrt fortsetzen.
An dieser Stelle ein kleiner Selbsttest: wer hätte den Seelöwen im vorletzten Bild gefunden, wenn ich nichts gesagt hätte? Na bitte, ihr wärt auch draufgetreten!
Dunedin selbst würdigten wir dann doch eines eher kurzen Blickes und so ging es zum Happy Inn Backpackers in Milton, etwas unterhalb von der größeren Stadt. Tony, der Besitzer der Unterkunft, hatte die feste Regel, dass von jeder kommenden Gruppe ein Teilnehmer Jonglieren zu lernen hatte, bevor diese weiterziehen durfte. Da meine Eltern sich hierbei schnell aus der Affäre zogen, war es also an mir, uns unser weiterkommen zu ermöglichen.
21. Dezember 2012 / Tag 13
Wie wohl schon in den vorigen Fotos ersichtlich, sagte die Einrichtung schon viel über den Besitzer aus. Es handelte es sich hierbei um einen Österreicher, der nach Neuseeland ausgewandert war. In seinem Lebensweg war er Buddhist geworden und hatte sich hier in Milton einen kleinen Backpacker zusammengebaut und wirklich Erfindertum bewiesen: so bestanden unsere Bettlatten aus alten Skiern, die Sauna war ein alter Heizkessel und alte Grubenlampen dienten als Beleuchtung. Auch lebensmitteltechnisch versucht sich unser Gastgeber unabhängig zu halten: es gab selbst gebackenes Brot und Plätzchen, geheizt wurde mit einem alten Ofen und gemäht mit manuellem Rasenmäher.
Aus meiner Sicht die genialste Unterkunft, in der wir während unserer Reise waren. Auch die Einrichtung war mit viel Hingabe gestaltet, es lief allerlei Musik im Hintergrund aus allen Bereichen der Welt, zur der auch Neuankömmlinge ihren Beitrag leisten konnten.
Generell möchte ich wohl hier noch einfügen, dass es in einigen Backpackern eine „Tausch“-Bibliothek gab. Simples System, man lässt ein gelesenes Buch zurück und nimmt sich ein anderes aus genannter Auswahl. Dementsprechend gab es Titel in allen Sprachen und zu allen Themen, unter denen sich sicherlich etwas für Jedermann finden ließ.
Wer auf das Datum geachtet hat, merkt schon, dass es sich Heiligabend näherte. Und Weihnachten im Sommer kann ziemlich ulkig aussehen und auf unserer Weiterreise erwartete uns das erste Beispiel, über das wir stolpern sollten.
Und so ging es in fröhlicher, etwas komischer Weihnachtsstimmung weiter in Richtung Te Anau. Zum ersten mal auf unserer Rundreise wurden wir mit Regen beglückt, doch letztlich konnte das Timing nicht besser sein: der Tag, mit der längsten Fahrtzeit erwies sich auch als der einzige verregnete. Und als wäre das nicht Glück genug, hielt dieser nicht einmal bis zu unserem Bestimmungsort und so wurden wir dort noch mit einer angenehmen Abendsonne empfangen.
Wer von Neuseelands Sehenswürdigkeiten ein wenig gehört hat, dürfte bereits bei Te Anau aufgehorcht haben, denn dies ist der letzt Punkt vor einer größten Sehenswürdigkeiten des Landes. Dazu werde ich euch allerdings in ein paar Tagen mehr erzählen und lasse dieses Schmankerl noch etwas auf sich warten.