09. Dezember 2012 / Tag 1 – Ankunft meiner Eltern
Noch am Morgen des neunten Dezembers war ich mit Freunden unterwegs; auch, um ihnen auf Wiedersehen zu sagen. So bin ich von dort aus direkt zum Flughafen – mit einem kleinen Stop um Kaffee für meine Eltern zu holen – und habe dort auf das Flugzeug gewartet. Das Wiedersehen nach ihrer Landung war ein komisches Gefühl und äußerst unwirklich, anders lässt es sich nicht beschreiben. Über die anderthalb Jahre hatte es sich zu einer Realität entwickelt, dass der einzige Kontakt via Skype, Telefon oder Email stattfand und es erschien mir inzwischen auch wie der normale Zustand. Genauso war die Distanz des halben Globus zwischen uns zu haben eine simple Gegebenheit und diese zu verlieren… war ungewohnt.
Nach dieser Erkenntnis ging es nun nach Hause, um das ganze Gepäck abzuladen und leichtere Kleidung anzuziehen. Natürlich musste ich meine Eltern im Anschluss gleich mit einem Kulturschock überraschen und so gab es Fish’n’Chips im Spa Park. Auch wenn die Flugmüdigkeit merklich war, haben wir uns bei der Gelegenheit noch dort ein wenig umgesehen, bevor es doch zu einer frühen Einkehr bei meinen Gasteltern kam.
10. Dezember 2012 / Tag 2
Viel lässt sich über den zweiten Tag letztlich nicht berichten. Den zweiten Tag verbrachten wir größtenteils in Hamilton, denn ich hatte dort noch einen Termin vereinbart, der sich nicht verschieben ließ. So machte ich mich auf den Weg dorthin, während meine Eltern die botanischen Gärten der Stadt erkundeten.
11. Dezember 2012 / Tag 3
Dieser Tag war wohl einer der ersten meiner schwereren… Realisieren zu müssen, dass man sein neues Zuhause für eine vorerst ungewisse Zeit hinter sich lassen muss, ist schwierig. Erst recht in dem Bewusstsein, dass man nie wieder in der Position zurückkehren wird, in der man so lange war. Diesen Punkt möchte ich aus meiner Rückerzählung jedoch vorerst auslassen, denn an geeigneterer Stelle wird sich hierfür Platz finden. Für mich zieht er das Schreiben stark in die Länge und ich würde zu sehr von der kontinuierlichen Erzählung abweichen, die ich eigentlich geplant hatte.
Wir starteten den Tag mit einem Rundgang in der Stadt und an meiner Schule, in der wir sogleich herzlich von meinen Lehrern empfangen wurden. Nachdem diese ihren Klassen noch Arbeitsaufträge hinterlassen hatten, kamen sie sogar aus ihren Klassenzimmern, um meine Eltern zu begrüßen. Beide waren sehr angetan von dem warmen und so unerwarteten Willkommen, dass ihnen hier entgegengebracht wurde.
Nun gut, für diesen Tag war auch meine Abschiedsparty geplant. Ich hatte vorher die Grillhütte in den Debretts gebucht – also an den privat betriebenen heißen Quellen – und meine Freunde aus Taupo eingeladen. Es lässt sich sehr schwer eine solche Feier beschreiben, wenn man nicht die Atmosphare vor Ort mitbekommen und all die Menschen dort selbst gekannt hat. Man will lachen und zugleich weinen… die Dankbarkeit die ich zu diesem Zeitpunkt empfand war überwältigend, denn ich hatte mich so herzlich willkommen gehießen gefühlt, wie nie zuvor. Ich hatte die bisher schönste Zeit meines Lebens dort verbracht und musste mich nun von diesen wunderbaren Menschen, die ich meine Freunde nennen durfte, verabschieden. Selbst jetzt, nachdem ich fast ein Jahr lang Zeit hatte, mich an diesen Gedanken zu gewöhnen, habe ich Tränen in den Augen während ich an diese Tage zurückdenke. Nur paradoxer macht es noch, dass ich gleichzeitig lachen muss, wenn ich mich an all die dummen und absolut genialen Dinge denke, die wir zusammen unternommen haben.
Was wirklich noch einmal an den Emotionen zehrte, waren die Worte zum Abschied von meinen Freunden aus der Stilting Crew. Mit ihnen hatte ich den engsten Kontakt während meiner Zeit und sie hatten sich etwas einfallen lassen, dass den Abend noch einmal unvergesslich machen sollte: alle erzählten noch einmal von den Momenten, die ihnen am erinnerungswürdigsten vorkamen. Jeder gab die spannendsten, witzigsten oder interessantesten Geschichten mit Felix und mir zum Besten und führte uns so noch einmal die anderthalb Jahre vor Augen. An viele der Geschichten konnte ich mich selbst nicht einmal mehr erinnern und nach dieser Nacherzählung werde ich wohl selbst noch einige Momente festhalten, die bisher keinen Platz in meinen Artikeln gefunden haben.
(An dieser Stelle sei gesagt, dass ich wohl gut daran tat, mir vor dem Schreiben dieses Artikels gleich mehrere Packungen Tempos zurechtzulegen… Aber immerhin kann ich inzwischen dabei auch lachen.)
12. Dezember 2012 / Tag 4
Abschied… dieses Wort klang der ganzen Zeit in meinem Kopf nach und ich konnte mich kaum auf etwas anderes konzentrieren, doch irgendwann musste es dazu kommen. Es ging ans Packen. Den gesamten Vormittag und einen Teil des Nachmittags nutzten wir für das Verstauen meiner Sachen und kaum hatte ich das hinter mir, musste ich auch schon zu Felix. Zum letzten Mal und zum härtesten Abschied. Ich habe zu diesem Zeitpunkt keinem Bekannten oder Freund auf Wiedersehen gesagt, sondern einem Bruder für anderthalb Jahre. Ich teilte mir mit ihm meine Zeit dort unten und diesen Schnitt zu machen tat weh. Mit Worten kann ich diesen Minuten nur schwer gerecht werden und all dem, was mir durch den Kopf ging. Danke Felix, für diese Zeit mit dir.
Nachdem ich mich doch von diesem Moment losgerissen hatte, ging es weiter Richtung Ohakune.